Die Klassische Dressur
Die Klassische Dressur ist für nicht nur eine Reitweise, sondern eine Haltung – geprägt von Respekt, Geduld, feiner Kommunikation und einer echten Partnerschaft mit dem Pferd. Besonders inspirierend finde ich die Lehren von François Baucher, einem der einflussreichsten Reitmeister des 19. Jahrhunderts. Seine Suche nach Leichtigkeit, innerer Balance und feinster Hilfengebung hat die Reitkunst nachhaltig geprägt. Auch wenn seine Methoden zu Lebzeiten kontrovers diskutiert wurden, lebt sein Gedankengut bis heute fort – als essenzieller Bestandteil der klassischen Reitkunst.
Diese Denkweise wurde in einzigartiger Weise weitergetragen von Nuno Oliveira, einem der bedeutendsten Reitmeister des 20. Jahrhunderts. Für ihn war Reiten eine Kunstform – getragen von Gefühl, Wissen, Handwerk und vor allem Hingabe. Er vereinte das Erbe Bauchers mit einem klaren, vorurteilsfreien Blick auf das individuelle Pferd.
Seine besondere Gabe bestand darin, für jedes Pferd den passenden Weg zu erkennen – unabhängig von Rasse, Typ oder Exterieur. Mit feinem Gespür wählte er aus allen Schulen die Methoden, die im jeweiligen Moment dem jeweiligen Pferd dienten – nicht dogmatisch, sondern immer dem Wesen des Pferdes zugewandt.
Er glaubte daran, dass jedes Pferd in seiner Einzigartigkeit zur höchsten Entfaltung gebracht werden kann – nicht durch Druck, sondern durch Achtung, Geduld und echtes Vertrauen.
Ein Schüler, der dieses Vermächtnis mit beeindruckender Klarheit, Tiefe und spiritueller Überzeugung weiterträgt, ist Manuel Jorge de Oliveira. Seine Philosophie berührt mich besonders, weil sie weit über das Technische hinausgeht. Für ihn ist die Reitkunst ein innerer Weg – ein Pfad zu sich selbst durch das Pferd. Seine Worte sind wie Wegweiser auf diesem stillen, aber intensiven Dialog zwischen zwei Seelen.
"Die Kunst des Reitens beginnt im Herzen.
Sie ist eine Liebeserklärung an das Pferd."
Manuel Jorge de Oliveira lehrt nicht nur das Reiten, sondern das Fühlen, Zuhören und Zulassen. In seiner Welt ist das Pferd niemals ein Objekt der Leistung, sondern ein fühlendes, denkendes Wesen, das mit Würde und echtem Respekt behandelt werden will. Die körperliche Arbeit mit dem Pferd – präzise, feinfühlig und getragen von innerer Ruhe – ist dabei weit mehr als reine Gymnastik: Sie ist ein Weg, das Pferd zu seiner natürlichen Ausdruckskraft zu führen – damit es in seiner Persönlichkeit sichtbar wird, voller Kraft, Schönheit und Würde.
Wenn Körper und Geist in Einklang kommen, entsteht eine Präsenz, die jenseits von Technik liegt. Ein Moment, in dem das Pferd nicht gefordert wird zu "funktionieren", sondern die Möglichkeit bekommt, sich aus innerer Überzeugung zu zeigen – stolz, aufgerichtet, aufmerksam und ganz bei sich. Harmonie entsteht dabei nicht durch Kontrolle, sondern durch Beziehung. Für ihn ist das Pferd ein Spiegel unseres Inneren – ein stiller Lehrer, der uns einlädt, ehrlicher, bewusster und feiner zu werden – im Sattel wie im Leben.
"Das Geheimnis des guten Reitens ist, wenig zu tun.
Je mehr du tust, desto weniger Erfolg wirst du haben."
Nuno Oliveira
Literaturempfehlungen der Klassischen Reitkunst
Manuel Jorge de Oliveira
Escola de equitaçao - Vertikal 1-3
Nuno Oliveira
François Baucher
François Baucher - Enfant Terrible oder Genie